Corona blockiert doppeltes Jubiläum
BRK-Bereitschaft (150 Jahre) und Aktion Disco-Fieber (20 Jahre) müssen gemeinsame Feier im Juli absagen / Ausweichtermin erst im nächsten Jahr
Schrobenhausen / Neuburg (BRK) Es sollte ein ganz großes Fest werden. Schließlich steht ein Doppeljubiläum im Terminkalender. Mit der BRK-Bereitschaft Schrobenhausen wird eine der ältesten Organisationen bundesweit heuer 150 Jahre alt und die Partner von der Aktion Disco-Fieber blicken immerhin auf ihr 20-jähriges Bestehen zurück. Für den 3. und 4. Juli war eine ganze Veranstaltungsreihe geplant, doch jetzt macht die Corona-Pandemie diesem Ereignis einen Strich durch die Rechnung. „Das Risiko ist zu groß. Für dieses Jahr sagen wir ab“, erklärt Bereitschaftsleiter Ferdinand Liebl im Namen des Vorbereitungsteams, räumt aber ein, dass im nächsten Jahr bereits nach einem Ausweichtermin gesucht werde.
Dass gar nicht erst nach Notlösungen gesucht worden sei, betont auch Manfred Irrenhauser-Kress als örtlicher Repräsentant von Disco-Fieber. Selbst wenn man das Virus besser in den Griff bekomme, eine schnelle Rückkehr zum Alltag werde es wohl nicht geben. Im Augenblick wäre sowieso keine Zeit für weitere Festvorbereitungen. Das Bayerische Rote Kreuz schaltete nämlich schon am 14. März in den Krisenmodus, bereits zwei Tage vor dem Ministerpräsidenten. Seitdem ist der Kreisverband im 24/7-Einssatz, anders ausgedrückt, Haupt- und Ehrenamtliche sind an sieben Tagen der Woche 24 Stunden verfügbar. Die breite Öffentlichkeit bekommt von dem geleisteten Arbeitspensum gar nicht so viel mit, vieles vollzieht sich hinter den Kulissen.
Täglich tagt der Krisenstab, der sich um den Notbetrieb in den Kindergärten ebenso kümmert wie um einen Essensservice im Landkreis oder die um Augenblick so heikle Beschaffung von Atemmasken. Am Tisch oder am Bildschirm immer dabei: Vertreter der Bereitschaft Schrobenhausen, deren Arbeit Kreisgeschäftsführer und Krisenbeauftragter Robert Augustin ohne Einschränkung lobt. In diesen Tagen zeige sich, dass die aufwendige Ausbildung und die umfangreiche technische Ausstattung eine gute Investition seien. „Corona verlangt uns alles ab!“
Beim Blick in die Geschichte landet Ferdinand Liebl im Jahr 1870. Die Genfer Konventionen waren gerade einmal vier Jahre alt, da ging in Schrobenhausen aus der damaligen Schwesternschaft des Roten Kreuzes die Bereitschaft hervor, die damit zu den ältesten Gemeinschaften überhaupt zählt. Es folgte eine rasante Entwicklung, die manche Autoren gerne als Weg „vom Krankenträger zum Rettungsassistenten“ bezeichnen. Im Jubiläumsjahr kann Liebl auf 54 Aktive zurückgreifen. Sie sind in verschiedenen Fachgruppen zusammengefasst, die für besondere Herausforderungen qualifiziert sind. So gibt es eine schnelle Einsatzgruppe Transport, die kurzfristig vier Verletzte oder Patienten übernehmen kann. Die Gruppe Information und Kommunikation kommt bei Bedarf mit einem rollenden Büro an den Schadensort. In dem Sprinter geht es zwar etwas eng zu, dafür ist die Technik vom Feinsten, von Funk über Telefon bis zu Faxgeräten. Experten sitzen in der Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung, die Aufgaben im Katastrophenschutz übernehmen kann.
Bestens bekannt ist inzwischen der Helfer vor Ort. Das Fahrzeug ist seit 2012 unterwegs, wobei acht Ehrenamtliche sicherstellen, dass die zusätzliche Unterstützung bei Notfällen rund um die Uhr zur Verfügung steht. Die neueste Errungenschaft ist zweifellos die originellste. Die UAV-Gruppe betreibt eine Drohne. Kein Spielzeug, sondern ein achtmotoriges Profimodell, das in schwer einsehbare Einsatzgebiete schaut und auch in der Personensuche zu gebrauchen ist. Schmunzeln muss Ferdinand Liebl, wenn er auf die 35 Mitglieder der Frauenbereitschaft zu sprechen kommt: „offiziell gibt es die nämlich gar nicht, aber wir nennen sie halt so, weil sie nur aus Frauen besteht.“ Sie sind vorwiegend bei den Blutspendeterminen im Einsatz. Bleibt noch die Bereitschaftsjugend. Sie befindet sich noch im Aufbau, zählt aber immerhin schon neun Mitglieder.
Weitaus jünger, dafür bayernweit in vieler Munde, ist die Aktion Disco-Fieber. Ins Leben gerufen wurde sie vom 2017 verstorbenen Toni Euba. Er wollte nicht mehr länger zusehen, wie immer mehr junge Menschen bei sogenannten Disco-Unfällen ihr Leben lassen mussten. Im Jahr 2000 suchte der Arzt Kontakte und fand sie. So feilten bald viele Lehrer, Seelsorger, Kulturschaffende und Sozialarbeiter an einem Konzept, das aus jungen Autofahrern verantwortungsbewusste Verkehrsteilnehmer machen sollte – ohne erhobenen Zeigefinger.
Aktionstage entstanden, Sponsoren wurden gefunden, namhafte Sportler setzten sich an die Spitze des Projekts und ein bundesweit gefeierter Film entstand. Ging es zunächst vorwiegend um Alkohol am Steuer, so kamen auch bald die Aspekte Drogen und Handy dazu. Dass die Aktion schon seit vielen Jahren beim Bayerischen Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung angesiedelt ist, wertet Manfred Irrenhauser-Kress als Bestätigung für die Idee von Toni Euba. Sein Tod habe eine schmerzliche Lücke hinterlassen. Er fehle als Ideengeber und als Türöffner, weshalb die neue Dreierspitze mit ihm, Stefanie Leiprecht und André Ponndorf in besonderer Verantwortung stehe.
Deshalb sei man froh gewesen, als die neue Disco-Fieber-Botschafterin, die Boxweltmeisterin Tina Rupprecht ihr Kommen zu den Jubiläumsfeierlichkeiten in Aussicht gestellt habe. Geplant war jede Menge. Unter anderem die Weihe von drei neuen BRK-Spezialfahrzeugen, auch eine Fahne sollte ihren Segen bekommen. Für den Samstag hatte das Planungsteam schon an einem großen Eventtag getüftelt, mit Leistungsschau, Fahrzeugausstellung, DKMS-Typisierung, Cocktails ganz ohne Alkohol, einem Fahrsimulator und einem Kinderprogramm. Am Abend hätte der gesamte Kreisverband gefeiert. Doch in diesem Jahr wird nichts daraus.
Wie lebt man jetzt damit, dass eine Großveranstaltung ins Wasser gefallen ist? „Es geht“, erklären die Organisatoren übereinstimmend. Schließlich hätten ja nicht Planungsfehler dazu geführt und ein Virus habe kein Mensch auf dem Schirm haben können. Die Hoffnungen ruhen jetzt auf einem freien Termin im nächsten Jahr. Das kann aber auch schwierig werden, wenn es mehr Veranstalter gibt, die etwas nachzuholen haben.